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Gedanken zum 1. Mai von Thomas Zenker

Die Unzufriedenheit in unserem Land, in unserer Stadt führt seit geraumer Zeit zu Protesten verschiedener Art. Auch am 1. Mai sind Protestaktionen bzw. Demonstrationen in Zittau angekündigt. Der „Tag der Arbeit“ ist schon lange ein jährlicher Anlass, für die Interessen der Menschen das Wort zu erheben, die mit ihrer Hände Arbeit unsere Gesellschaft aktiv halten, unsere Sicherheit und unseren Wohlstand erwirtschaften. Schon lange werden an diesem Tag die Sorgen und Nöte der Menschen thematisiert. Auch in Zittau wird das dieses Jahr so sein und es gibt viel zu klären: Die Pandemiebekämpfung geht schleppend voran, viele sind wirtschaftlich, nicht wenige sind psychisch unter schwerer Belastung, stehen vor dem möglichen Aus mühsam aufgebauter wirtschaftlicher Grundlagen. Gleichzeitig ist die Angst um nahe stehende Menschen spürbar und der Ton in sozialen Netzwerken und Nachrichten-Apps wird immer schriller – die Nerven liegen blank, die Haut ist dünn.
Damit herrschen beste Bedingungen für jene, die mit schnellen Versprechungen, offenbar einfachen Lösungen und polemischen Schuldzuweisungen Besserung für alle versprechen und dabei nur den eigenen politischen Vorteil im Auge haben.
Es ist Zeit, die Maßnahmen gegen die Pandemie endlich nachvollziehbarer zu entscheiden, sinnvoller zu erläutern und damit für unser aller Freiheit und Individualität Perspektiven zu schaffen. Es ist an der Zeit, endlich ausreichende Mengen an Impfstoffen gerade hierher in unsere betroffene Region, zu den Hausärzt/-innen und damit an die Menschen vor Ort zu bringen. Und es ist an der Zeit, endlich klarer und für alle verständlich zu kommunizieren, wie wir gemeinsam aus dieser Krise heraus kommen und wie das „Danach“ aussieht.
Um sich dafür Gehör zu verschaffen, ist der „Tag der Arbeit“ bestens zur Wortmeldung geeignet und genau dafür können – selbstverständlich für eine Demokratie – am 1. Mai, wie auch an allen anderen Tagen, Kundgebungen angemeldet werden, sehr gern auch abseits unseres herrlichen, aber am kommenden Samstag schon belegten Marktplatzes. Eines ist doch aber unstrittig: Um unsere demokratischen Grundrechte wahrzunehmen und unsere Gesellschaft weiterzuentwickeln brauchen wir keine Redebeiträge von vorbestraften Rechtsextremisten und kriminellen Rassisten. Wer diese einlädt und ihnen zujubelt, der zeigt, dass er nicht gewillt ist, die Gesellschaft friedlich und demokratisch zu verändern.
Meinungsfreiheit heißt dennoch, Ideen und Gedanken zuzulassen, die den eigenen nicht entsprechen, ihnen vielleicht sogar völlig entgegen stehen. Auch wenn es einigen Menschen in unserer Stadt geradezu körperliche Schmerzen zufügen wird – die Tatsache, dass in diesem Jahr am 1. Mai die Veranstalter Rechtsextreme auf einer Kundgebung auf dem Marktplatz sprechen lassen, ist ein Zeichen dafür, dass die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in unserem Land hoch gehalten wird und straft all jene Lügen, die meinen, der Staat zeige Anzeichen von Unterdrückung unerwünschter politischer Meinungen. Nein. Wir leben in einem freien Land und müssen damit mitunter ertragen, was wir selbst nicht mehr für tolerierbar halten. Es ist wichtig, dass dennoch alle friedlich bleiben und ausschließlich die demokratische Auseinandersetzung suchen.
Denn auf der anderen Seite ist für unsere Dreiländerregion der 1. Mai auch ein besonderer Feiertag: Die europäische Flagge wird aus gutem Grund wieder auf der Rathausspitze wehen, denn vor 17 Jahren wurde unser Dreiländereck mit dem EU-Beitritt von Tschechien und Polen eine offene Region. Mit ihnen können und müssen wir die gemeinsame Entwicklung vorantreiben – auch wenn nicht immer alles nach Plan verläuft.